1806 – 1882
I. – Seiner Kaiserlichen und
Königlichen Hoheit
dem Kronprinzen des Deutschen Reichs und von Preußen.
Dir weih’ ich sie, erhab’ner
Sproß, die Lieder,
Die Liebe und Bewunderung
gebar
Des großen Ahnherrn, und auf
dem Altar
Des Vaterland’s leg’ ich sie
sterbend nieder.
Als damals schon auf mächtigem
Gefieder
Zur Sonne aufwärts strebte
Friedrichs Aar,
In Kampf und Sieg sich mühte
sieben Jahr,
Stieg Preußens Zukunft groß
vom Himmel nieder.
Du sahest sie erfüllt, halfst
sie erstreiten,
Des Heldenvaters ächter
Heldensohn,
Halfst Deutschlands Einheit,
lang ersehnt, bereiten.
Ihr Hohenzollern auf dem
Kaiserthron
Des Deutschen Reiches, mög’
Euch Gott bewahren
In Herrlichkeit von
ungezählten Jahren
II. – Dem hohen Silberpaar
Erhab’nes Paar der
Silbermyrtenkrone!
Wie alles kommt und bringt Dir
seine Gabe,
So komm’ auch ich und bringe,
was ich habe,
Ob mich ein Dankesblick dafür
belohne.
Den Urahn bring’ ich dem
Urenkelsohne
Und Blumen, die erblüht auf
seinem Grabe;
Aus ihrem Duft strömt
wunderbare Labe
Von ihm, dem stillen Weisen
auf dem Throne.
Sein Vorbild strahlt den
kommenden Geschlechtern,
Giebt den Begeisterten wie den
Verächtern
Die ernste Mahnung hoher
Lebensweihe.
So wachse fort aus mächt’gem
Doppelstamme
Mit frisch an Ihm erneuter
Lebensflamme
Der Deutschen Kaiser endlos
lange Reihe.
III. – Friedrichs Reliquien
Es gibt Reliquien – o spottet
nicht -,
Die unsers Herzens heil’ge
Sehnsucht stillen,
In tiefer Andacht unsern Geist
erfüllen
mit der Vergangenheit erhabnem
Licht,
Und, wie ein Geist zum andern
Geiste spricht,
Uns mit des Vorbilds hoher
Macht ergreifen,
Erhabene Entschlüsse in uns
reifen,
Im Kampf verleihen Heldenzuversicht.
Die hohen Geister, die
vorangegangen,
Sie leben noch in ihren Thaten
fort,
Seh’n wir vollendet, was sie
angefangen.
Und das Unscheinbarste, was
sie besessen,
Es wirkt auf uns noch wie ein
magisch Wort,
Das uns begeistert, das wir
nie vergessen.
IV. – Stern der Nacht
Vom frechen Lärm des Tages
wüst umtost,
Bedrängt von seiner Armuth,
seiner Blöße,
Sah’ ich des blinden Zufalls
Hieb’ und Stöße
Und war auf Menschen, Welt und
Zeit erbost.
Da kam die Nacht. Und
leuchtend hell im Ost
Stieg „Friedrichs Ehre“ auf in
voller Größe -:
Als ob ein Engel Ruh’ ins Herz
mir flöße,
Fühlt’ ich erneuter Hoffnung
frischen Trost.
Und höher wuchs und
strahlender sein Scheinen,
Und eines fernen Donners
Stimme sprach:
„Blick auf, verkünde neu den
Stern den Seinen!
Auf daß sie folgen seinem
Glanze nach.
Denn Rettung bringt, ob’s
Thoren auch verneinen,
Sein Licht allein aus dieser
Zeiten Schmach!“
V. – Preußens Heiligthum
Wo einst gestanden Preußens
Herrscherwiegen,
Im alten Schloß, das still die
Spree beschaut,
Ließ ich die stolzen Hallen
prachtgebaut,
Die breiten Marmortreppen
abseits liegen,
Und aufwärts schritt ich alte,
enge Stiegen.
Und wie bei Geistergruß uns
heimlich graut,
Ein Ehrfurchtsschauer rieselt
auf der Haut,
Des Herzens Pulse fühlt’ ich
rascher fliegen.
Da öffnen sich die niedrigen
Gemächer,
Und ein Gefühl befällt mich
wie noch nie,
Die stummen Wände werden laute
Sprecher,
Und niedersinken muß ich auf
das Knie.
Geweihter Raum, Dir nahe sich
kein Frecher,
Denn Preußens höchstes
Heiligthum ist hie.
VI. – Friedrichs Todtenbild
Sieh! Mitten in dem
matterhellten Raume
Thront Friedrich in
bescheidener Gestalt,
Groß, einzig nur durch seines
Geist’s Gewalt -,
Und staunend stehst du wie in
wachem Traume.
Kaum hält sich noch die
Phantasie im Zaume -,
Er lebt wahrhaftig -, regt
sich wirklich -, halt!
Nicht näher! Wie? Du rührst
sie an -, und kalt,
Kalt ist die Hand -; dein
Traum zerstiebt zu Schaume.
Sein Abbild nur ist’s was dein
Auge schaut,
Doch trägt es Alles was Ihm
einst gehört,
Hut, Rock und Stock,
verblichen und ergraut,
Wie du als Kind Ihn schon im
Bild verehrt.
Tritt näher, schau’, im
tiefsten Geist erbaut,
Reliquien der höchsten Andacht
werth.
VII. – Friedrichs Todtenmaske
Du edles Haupt! So mild
gedankenvoll
Ruhst Du versenkt in lichter
Ahnung Träumen –
Die Seele weilt schon in des
Äthers Räumen -,
Nimm der Bewundrung, heißer
Liebe Zoll.
Die Thräne, die von meiner
Wimper quoll,
Wie Sonne Balsam lockt aus
dürren Bäumen,
Sie spricht, wenn meine Worte
zögernd säumen,
Der Mund verstummt, das Herz
so übervoll.
Den Fürstenhut von Hermelin
umbauscht,
Der Krone kalten Glanz hast Du
vertauscht
mit ew’gem Lorbeer, der die
Schläf’ umrauscht.
„Verklärung“ hat auf diese
Stirn geschrieben
Des Todes Finger, und ein
reines Lieben,
Das Ew’ge nur im Menschen ist
geblieben.
VIII. – Sein Schweißtuch
Ein schlichtes Tuch! Mein
Geist sah Perlen leuchten,
Als Todesschweiß auf Seiner
Stirne stand;
Wie ich’s berührt mit
schüchtern zager Hand,
Fühlt’ ich mein Auge sich mit
Thränen feuchten.
Ja, daß es strahle, wollte
fast mir däuchten,
Zur Fahne ward es für mein
Vaterland,
Ward seiner Größe heilig
Unterpfand,
Womit die Engel seine Feinde
scheuchten.
Mein Vaterland! So nimm dies
Tuch zum Zeichen,
Es daure Friedrichs Geist und
Wesen fort.
Vorwärts! Mit Ihm wirst du das
Ziel erreichen!
Gedoppelt kämpft für dich Sein
Schwert, Sein Wort.
Nacht muß und Finsterniß dem
Lichte weichen,
Er schreitet dir voran, dein
Held, dein Hort.
IX. – Sein Sterbehemd
Was seid ihr neben Seinem
Sterbehemd,
Ihr stolzen Königsmäntel
dieser Erden?
Zum Sterbehemde müßt ihr alle
werden,
Weil Dauer jeder Erdenhoheit
fremd.
Wird Alles denn vom Zeitstrom
fortgeschwemmt,
Was hängst du, Herz, an
gleißenden Beschwerden,
Die jeder Augenblick dir muß
gefährden? –
Und meine Thränen flossen
ungehemmt.
Da sprach der Geist: Laß dein
unfruchtbar Trauern!
So lange wie sein Ahn der
Enkel denkt,
Der Preußens Scepter und
Geschicke lenkt,
So lang Sein Volk begeistert
an Ihm hängt,
Und Friedrichs Geist noch
herrscht in diesen Mauern,
So lang wird Seines Reiches
Zukunft dauern!
X. – Friedrichs Feldbinde
Nur Weiß und Schwarz, der
Preußen edle Farben,
Des Königs Schärpe trägt sie
ernst zur Schau –
„Tag folgt auf Nacht und Sieg
auf Tod,“ vertrau’
Der Farben Spruch, „wo Muth
und Kraft nicht starben!“
Dann wirst du binden reicher
Ernte Garben;
Droht auch der Himmel
nächtlich wettergrau,
Bald glänzt er wieder heiter,
licht und blau.
Wer treu gesä’t, den läßt der
Herr nicht darben.
So halte aus in muthigem
Vertrauen,
Blick’ auf zu Ihm, mein Volk,
und zweifle nicht,
Dein festes Glauben wird zum
sel’gen Schauen.
Sieh’ wie Sein Stern hell
durch die Wolken bricht!
Zum Tempel Seines Ruhms dich
zu erbauen
Folg’ seinem Strahl! Durch
Nacht zum ew’gen Licht!
XI. – Seine Krücke
Zwar nur ein Stock, die
weltberühmte Krücke,
In seiner Hand ward sie zum
Zauberstab.
Ein Wink mit ihr, und der
Pandur setzt ab
Das Mordrohr, schon gespannt,
im Augenblicke.
Vor ihrem Droh’n erstarrt
Verrath und Tücke,
Muthwill’ge Tugend wehrt sie
scherzend ab,
Dem Meister treu bewährt sie
bis zum Grab
Die alte Kraft im Unglück wie
im Glücke.
Sie stützte ihn, als müd’ und
matt der Held,
Vom Alter und des Reiches Last
gebeugt,
Fast angebetet wurde von der
Welt;
Wie seine Rechte sie noch
hjeute hält,
Die stumm von seiner
schlichten Größe zeugt,
Nie der Vergessenheit zum
Raube fällt.
XII. – Seine Flöte
Welch’ reiner Glanz, wie
goldne Morgenröthe
Auf des geliebten Rheinsberg
heitrer Flur,
Wie froher Dienst der Kunst
und der Natur.
Du strahlst dies Licht aus,
du, geliebte Flöte!
Du folgtest Ihm, als laut des
Kriegs Trommete
Dich übertönt’ auf Mavors
Eisenspur;
Du, holde Zauberflöte,
sorgtest nur,
Daß Waffenlärm die Harmonie
nicht tödte.
„Die Harmonie des Herzens und
der Seele“,
Des Erdenlebens reinstes,
höchstes Gut,
Die, ob dem Kampfe auch der
Sieg noch fehle,
Zum Rhythmus zwingt der
Leidenschaften Wuth,
Daß Irdischem sich Ewiges
vermähle,
Den Geist melodisch führt
durch Flamm’ und Flut.
XIII. – Sein Degen
Die königliche Wehr, des
Helden Degen!
Er durft ihn ohne Furcht und
Tadel ziehn
Bewundert und gefürchtet,
jugendkühn
Als Brennusschwert ihn in die
Wage legen.
Und sieben schwere Jahr’ im
Kugelregen,
Im Pulverdampf, ob’s stürmt,
ob Sonne schien,
Durchkämpft Er in des Krieges
Wechselmüh’n,
Doch strebend einzig nach des
Friedens Segen.
Des Helden Hoffnung macht der
Ew’ge wahr,
Und Frieden kam der
Heldenkraft entgegen;
Der Himmel, erst so dunkel,
leuchtet klar.
Da durft’ Er als des Friedens
Wehr dich wägen
In sichrer Hand. Noch führt
dich Preußens Aar,
Schwert der Gerechtigkeit,
dich, Friedrichs Degen.
XIV. – Sein Rock
Ein alter Rock! Doch mitten
auf dem Herzen
Glänzt auf des Helden
schlichtem Kriegerkleid
Ein lichter Stern, der treu in
Lust und Leid
Ihm leuchtete, in Freuden und
in Schmerzen.
„Suum cuique!“ Heller strahlt
als Kerzen,
Die man an Heilgengräbern
gleißend weiht,
Spruch der Gerechtigkeit durch
alle Zeit,
Dein Wort, das Preußens Kön’ge
nie verscherzen.
Du durftest sagen: „Jedem nur
das Seine“,
Der eignen Hoheit demuthvoll
bewußt;
Denn anspruchsvoll ist immer
nur das Kleine.
Dein Spruch, gewählt nach
Deines Herzens Lust,
Strahlt leuchtender als Deiner
Krone Steine,
Stern der Gerechtigkeit auf
Deiner Brust.
XV. – Sein Hut
Das ist sein Hut! Des hauptes
Schutz und Bürde,
So schlicht wie jeder andre,
jeder Hut.
Doch wiegt er Kronen auf, denn
Schlachtenmuth
Im Kugelregen gab ihm solche
Würde.
Prahlt mit des Korsen Hut
nicht! Wenn die Hürde
Der Wolf durchbricht, wo Hund
und Heerde ruht,
Den Hirten würgt, vergießt der
Lämmer Blut –
Ist wer, der ihn den Helden
nennen würde?
Derm Hute des Tyrannen auf der
Stange
Beugt sich das Haupt in
stummer Sklaverei.
Doch nur getrost, der Zauber
währt nicht lange:
Tell sprengt die Fesseln und
das Volk ist frei.
Doch Friedrichs Hute hier aus
eignem Drange
Neigt sich das Herz in reiner
Lieb’ und Treu.
XVI. – Zum Licht!
Das matte Haupt zum Lichte
noch gewendet,
Wie eine Blume folgt dem
tiefsten Triebe,
Schließt Er ein Leben
thatenreicher Liebe,
Das groß, wie Er es lebte,
groß sich endet.
Der müde Adler schaut noch
ungeblendet
Zur Sonne aufwärts! Ob der Leib
zerstiebe,
Es bleibt der Geist, wenn
sonst auch Nichts verbliebe,
Und naht dem Licht, das
Klarheit ihm gespendet.
O welch’ ein Geist entflieht
der dunklen Erde!
Urquell des Lichts, dich sucht
der letzte Blick.
Die Seele dringt durch jeder
Blendung Schein
Zur Wahrheit! Und mit
leuchtender Geberde
Spricht Er, ein Seher, schon
vom ew’gen Glück:
„Bald werd’ ich dir, o Sonne,
näher sein!“
XVII. – Sein Scheidegruß
Der greise Steuermann lenkt
still zum Hafen.
Wie Vieles, was er hoffte,
traf nicht ein,
Wie manches Ungethane schafft
Ihm Pein,
Was blieb zu lohnen noch, was
blieb zu strafen!
„Ich bin es müde, länger über
Sklaven
Zu Herrschen, König immer nur
zu sein,
Ein Mensch zu Menschen kehr’
im Grab ich ein!“
mit solchen Worten geht ein
Friedrich schlafen.
O, daß der Ew’ge Ihm verliehen
hätte,
Zu schau’n, wie moses das
gelobte Land,
Im Geist die Ernte noch aus
seiner Saat!
Wie aus der strengen Pflichten
schwerer Kette
Sich webt der freien Ordnung
schönes Band,
Sein Preußen Deutschland eint
zu Rath und Tat!
XVIII. – Dein Wort
„Es soll der Fürst,“ so hörten
wir Dich sagen,
„Der erste Diener nur des
Staates sein!“
Soll doppelt fühlen Volkes
Last und Pein,
Sein Leben freudig für die
Seinen wagen.
Des guten Hirten Sorge willst
Du tragen
Zu wahrer Demuth, ohne
Heuchelschein,
In Hirtentreue, ungefärbt und
rein,
Wenn’s Noth im kampf den Wolf
zu Boden schlagen.
Dein ganzes Selbst, dem Volk
nur soll’s gehören,
All Deine Kraft soll ihm
gewidmet sein,
Sein sei dein Ruhm, Dein Stolz
und Deine Ehren.
Dein Thron nur hoch, um weit
hinaus zu schauen,
Fürsorge Deinem Land und Volk
zu weihn,
Zum Ruhmestempel Dir es zu
erbauen.
XIX. – Friedrichs Glaube
Der selbsterlebte Glaube ist
der rechte.
Er ist es, der allein uns
selig macht,
Nicht der, den Andere für uns
erdacht,
Ein Glaube nur für Kinder und
für Knechte.
Der Seele Höchstes sind des
Glaubens Mächte,
Ein Leitstern für das
Menschenherz erwacht,
Der siegreich führet durch des
Lebens Schlacht
Und selig leitet durch des
Todes Nächte.
So, sprachst Du, sei er jedem
frei gewährt:
Die er erwählt und fest
erprobt auf Erden,
Auf die Facon mag Jeder selig
werden!
Du sprachst es aus! O mög’ in
fernsten Jahren
Dein Reich die
Glaubensfreiheit sich bewahren,
Die himmlisch unser Erdensein
verklärt.
XX. – Friedrichs Freigeist
Kein Freigeist warst Du, nein,
ein freier Geist!
Es lebte Keiner, der Dich
durfte meistern,
Doch sehntest Du Dich nach
verwandten Geistern
Und standt’st in deiner Zeit
allein, verwaist.
Mit Phrasen nur hat er dich
abgespeist,
Der Franzmann! Niemals gab es
einen Dreistern,
Geschickt mit Flittern
blendend zu bekleistern
Die Lüge, die er frech als
Wahrheit preist.
Ja, Deine Deutschen waren noch
verloren
In wälschem Putz und fremdem
Schnörkeltand.
Und doch war uns ein Lessing
schon geboren.
Schon sang er Dich dem
deutschen Vaterland;
Und wie er Dich zum Helden
sich erkoren,
Ward Deine Größe seiner Größe
Pfand.
XXI. – Arnolds Mühle
Ein Monument auf deines
Gartens Hügeln
Hast Du die schlichte Mühle
dir gesetzt.
Die Du verschont, sie ward zum
Tempel jetzt,
Ihr Flügelpaar zu Deines
Ruhmes Flügeln.
Denn Deinen Willen wußtest Du
zu zügeln,
Und hätt’ es Dein Gelüsten
auch ergötzt,
Des Müllers Recht Du hast es
nicht verletzt,
Nicht durch Gewalt noch durch
spitzfindig Klügeln.
Die Mühle blieb. Von frischem
Hauch getrieben,
Giebt sie noch heute uns Dein
Lebensbrot;
Denn ob Du starbst, Dein Geist
ist uns geblieben.
Nur er belebt, was eitel sonst
und todt;
„Recht und Gesetz“ in
Flammenschrift geschrieben,
Bleibt Deiner Preußen erst und
letzt Gebot.
XXII. - Abschied
Nun steiget nieder durch die
hohen Hallen;
Und Jeder fühle, wie er sich
verpflichte,
Daß er in sich des Bösen Macht
vernichte.
So laßt uns Sein gedenkend
freudig wallen.
„Er war ein Mann, nehmt Alles
nur in Allen!“
Er braucht es nicht, daß man
ihn glimpflich richte,
Und fehlt auch Schatten nicht
bei so viel Lichte,
Hat Er doch nimermehr sich
selbst gefallen.
Streng ging Er mit sich selber
ins Gericht,
Denn Seine Göttin war die
ernste Pflicht,
Sie war Ihm Vater, mutter,
Weib und Kind.
Er wählte sich, Alcides,
großgesinnt,
Als Er am Scheidewege prüfend
stand,
„Des Kampfes Müh“ als
Siegesunterpfand.
XXIII. - Berechtigung
Ich weiß nicht mehr, wie ich
den Muth gefunden,
Daß ich mich, schüchtern sonst
und ungelehrt
Und mit des Wohllauts Waffe
unbewehrt,
Dich, Einzigen, zu singen
unterwunden,
Dein hohes Bild, wie es in
Weihestunden
Dem tiefsten Herzen reuin sich
zugekehrt,
So heiß geliebt, so innig tief
verehrt,
Der Welt zu zeigen, wie ich’s
voll empfunden.
Wer bin ich, daß ich stünde
nicht von fern
Dir hoher Geist! Daß mein
bescheiden Leben
Sich nahte Deinem blendend
hellen Stern!
Nur Liebe sühnt mein
allzukühnes Streben.
Dem Volk, das Leben Dir und
mir gegeben,
Dein Volk, ihm weih’ ich Lied
und Leben gern.
XXIV. - Schluß
Sie sind vergangen nun, die
bangen Zeiten,
Seit ich die Zukunftsbilder
schüchtern sang.
Der neuen Zeiten Blitz- und
Donnergang,
Ich hab’ ihn damals nur geahnt
vom Weiten.
Nun klingt der Osterglocken
frohes Läuten
Das einig große, deutsche Reich
entlang,
Und Freudenthränen bring’ ich
Dir als Dank,
Herr, den wir sah’n
Deutschlands Geschicke leiten.
Ein Jüngling träumt’ ich
solchen Traum vor Jahren,
Als Greis erst lernt’ ich ihn
und mich verstehen,
Begreifen, was ich damals kaum
gemeint.
Nun läßt Du Deinen Knecht in
Frieden fahren,
Denn meine Augen haben Ihn
gesehen,
Den deutschen Kaiser, der das
Reich geeint!